
Kalvarienberg Eisenstadt – Passionsgeschichte hautnah
Von Brigitte Krizsanits
Markant thront der Kalvarienberg über Eisenstadt; eigenwillig wirkt er mit seinem umwundenen Dach. Er gilt als ein Wahrzeichen der Stadt – das Geschichte und Geschichten in sich trägt. Schließlich hat das Bauwerk, das Anfang des 18. Jahrhunderts im Auftrag von Paul I. Esterházy (1635–1713) errichtet wurde, schon einiges erlebt.
Pilgerstätte Kalvarienberg
Das Vorbild für den Bau findet sich in Maria Lanzendorf. Der dortige Kalvarienberg hatte den Fürsten so beeindruckt, dass er nicht nur beschloss, selbst solch einen Stationsberg errichten zu lassen. Er engagierte auch gleich den Franziskanerpater Felix Niering für die Gestaltung. Und so entstand zwischen 1701 und 1707 der Kalvarienberg in Eisenstadt. Schon bald kamen Pilger hierher. Vor allem wegen der Madonna, die in der Gnadenkapelle huldvoll auf sie niederblickt und der schon bald so manches Wunder nachgesagt wurde. 125 Prozessionen fanden jährlich statt, mit hunderttausenden Gläubigen. Sie kamen aus Ungarn, aus Österreich und sogar aus der Kaiserstadt Wien. Um bei der Muttergottes zu beten oder den Leidensweg Christi aus nächster Nähe mitzuerleben.

Der Kalvarienberg in Eisenstadt beherbergt die Leidensgeschichte Christi in 24 Stationen.
Passionsgeschichte
Denn hinter der Gnadenkapelle eröffnet sich eine weitere Welt. Eine Welt der Grotten und verschlungenen Wege. Es ist die Welt der Leidensgeschichte Christi, die hier, pathetisch und hautnah, durch 260 Holz- und 60 Steinfiguren dargestellt ist. Heilige Stiege und heiliges Grab inklusive. Fast lebensgroße Figuren mit schmerzverzerrten Gesichtern, mit hasserfüllten Blicken, aber auch mit Tränen der Trauer. Wäre da nicht die Stille, man meinte, die Figuren schreien zu hören. Oder zu weinen. Düster mutet das alles an – und schließlich kommt das Licht!

Fast lebensgroße Figuren stellen die Leidensgeschichte Christi nach.
Kreuzkapelle und zurückgekehrte Engel
Treppen führen ins Freie. Drei Stationen – Kreuzigung, Christus am Kreuz und Kreuzabnahme – befinden sich in der die Anlage überragende Kreuzkapelle. Der Weg dorthin führt über Stufen. Und so kommt der Besucher nicht nur der nächsten Station näher, sondern erarbeitet sich auch Schritt für Schritt eine herrliche Aussicht über Eisenstadt. Steinerne Engel säumen den Weg. Hier lohnt es, kurz zu verweilen und den Blick schweifen zu lassen. Über die Wulkaebene, über die Stadt, über das Leithagebirge.
Erst kürzlich kehrten die Engel zurück. Sie waren ausgeflogen, sozusagen. Denn ihr Alter – rund 300 Jahre – hatte sich bemerkbar gemacht. Also brachte man sie zum „Lifting“ zum Restaurator. Zum Osterfest 2019 sind alle wieder 55 Engel wieder vereint. Und geben einen festlichen Rahmen für jenes Bauwerk, das Reinhold Schneider so treffend als „Bergwerk des Glaubens“ bezeichnete.

Die 55 Engel des Kalvarienbergs wurden 2015 bis 2019 renoviert.
Der SEE-Tipp: Der Kalvarienberg ist in der Karwoche bei freiem Eintritt geöffnet.
Bildnachweis: Peter Opitz, Brigitte Krizsanits